Ludwigshöhe:
Darmstadts schönster Aussichtsplatz erneuert
Mürbe Ziegel, bröselnde Mauern: Fünf Jahre lang zog sich die Sanierung des historischen Turms auf der Ludwigshöhe samt Terrasse. Jetzt sind die Zäune weg, die erste Feier steht an.
(alle Fotos: Guido Schiek)
So schön haben die Darmstädter ihren liebsten Aussichtspunkt fünf Jahre lang nicht gesehen: Die Terrasse auf der Ludwigshöhe samt Turm ist wiederhergestellt. Die letzten Bauzäune sind beiseite geräumt. Zu einem ersten Fest lädt die Bürgeraktion Bessungen Ludwigshöhe (BBL) am 17. Dezember, zur „Waldweihnacht“. Der Verein hat die Sanierungsarbeiten der Stadt, 1,65 Millionen Euro teuer, eng begleitet. Einer der markantesten historischen Plätze Darmstadts ist damit wiederhergestellt – vor allem wieder sicher begehbar. Das war zuvor eine eher riskante Angelegenheit.
Die lange Zeit der Sperrungen und Bauarbeiten begann 2019, als die steinerne Stützmauer der Aussichtsterrasse zu bröckeln begann. Die Stadt ließ den beliebten Treffpunkt mit hohen Gittern absperren. Fachleute mussten Proben entnehmen. In dem Gemäuer vermuteten sie Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg. Damals hatte die Anhöhe als Flak-Stützpunkt gedient.
Frost- und Wasserschäden höhlten die alten Ziegel aus
Reste von Kampfmitteln fanden die Fachleute nicht – stellten aber dringenden Sanierungsbedarf fest. Im Herbst 2019 wurden erste „Planungen zur statischen Ertüchtigung aufgestellt“, so das Immobilien-Management der Stadt (IDA). Konkret hieß das: Bruchsteine mussten ersetzt oder ergänzt und die schadhaften Mörtelfugen fachgerecht instandgesetzt werden. Die gesamte Terrasse wurde gleich mit erneuert, eine Entwässerung eingebaut, die Betonfundamente der Flakstellung freigelegt. Sie dienen nun als Sitzgelegenheit für die Ausflügler auf dem Bessunger Hausberg. Eine erklärende Tafel soll nächstes Jahr folgen. Aber die mürbe Terrassenmauer war nicht das einzige Problem.
Auch der benachbarte Turm, 27,5 Meter hoch, ein Bauwerk aus dem frühen 19. Jahrhundert, zeigte Macken und Lücken. Die Wendeltreppe zur Aussichtsterrasse zu erklimmen, zu riskant, entschieden Fachleute und sperrten den Zugang. Die Liste der Mängel war lang.
BBL-Vorständler Erich Landzettel erklärte damals: „Von der ersten Terrassenstufe fallen Teile herab.“ Der Estrich war dort geborsten, Frost- und Wasserschäden setzen dem Monument zu. Auch auf der oberen Aussichtsterrasse war der Boden beschädigt. Folge: Das komplette Mauerwerk des Aussichtsturmes, erklärte die Verwaltung, „wird auf schadhafte Stellen untersucht, überarbeitet und saniert“. Das zog sich länger als gedacht.
Jahr um Jahr musste die BBL ihr „Turmfest“ am 1. Mai feiern, ohne dass die Gäste auch nur auf die untere Terrasse des Ludwigsturms gehen durften, um über die Dächer und Türme Darmstadts zu schauen, bis hinauf in die Taunushügel. Stattdessen bestimmten Sperrgitter, Baufahrzeuge, Berge von Ziegeln und anderem Baumaterial die Aussicht. Das alles ist nun verschwunden – fast.
Nur ein Bagger, ein fahrbares Gerüst und das Banner einer Malerfirma künden in dieser Woche noch von der Kraftanstrengung der letzten fünf Jahre. An der Hangseite stapeln sich die beiseite geräumten Tische und Bänke der BBL, Spenden aus der Bürgerschaft; sie sollen bald wieder aufgestellt werden, sagt Landzettel. Sonst aber ist alles repariert, ist gesichert und sichtlich verschönert.
Die neuen, stabilen Decken der unteren Turmplattform sind schon von außen gut erkennbar. Hier hatte der Regen sich Wege in schadhafte Stellen gebahnt und dem Sandstein zugesetzt. Manche der Ziegel schienen zwar äußerlich intakt, erwiesen sich aber als ausgehöhlt, somit nicht mehr tragfähig.
Ein neuer Ausstieg auf der obersten Plattform
Erneuern mussten die Handwerker den Turm schließlich bis zur obersten Stufe. Fertig ist jetzt der neue Turmausstieg auf der oberen Aussichtsplattform, samt eines Vordachs, damit nicht wieder Regen ins historische Gemäuer eindringen kann.
So ist der Ludwigshöhturm nun wieder sicher – theoretisch. Die Stadt stellt aber klar: „Für die Öffentlichkeit ist der Turm noch nicht begehbar“ – erst ab nächstem Frühjahr.
Ob das alte Schild über dem Eingang dann noch den Tatsachen entspricht, kam noch nicht zur Sprache. Da stehen die Eintrittspreise für die Turmbesteigung: „Erwachsene 1,–/Kinder 0,50“ – die Währung wird nicht benannt.
Auch andere Preise sind noch offen. Ob die vom Stadtparlament genehmigte Summe von 1,65 Millionen Euro eingehalten werden konnte, trotz der verlängerten Bauzeit – dazu gibt es noch keine Aussagen. Fürs kommende Frühjahr wird die offizielle Übergabe erwartet, und die Endabrechnung.
(Thomas Wolff)
Möhren für die Lappings beim Bessunger Kerbumzug
Mit knapp 40 Fahrzeugen, fünf Kapellen und rund 1050 Teilnehmern präsentieren sich vor allem die Vereine des Stadtteils. Und die wären froh, wenn das weiter so bleiben würde.
(Foto: Andreas Kelm)
Nach und nach füllt sich die rechte Fahrspur auf dem Donnersbergring Richtung Süden. Die Fahrzeuge und Fußgruppen trudeln ein und positionieren sich, vom Groß-Gerauer-Weg bis zur Weinbergstraße. Musik wummert schon von manchem Anhänger, die Bands spielen sich ein. Es geht auf 14 Uhr zu, Beginn des Kerbumzugs, angemeldet sind genau 1048 Teilnehmer, selbst die „Lilienfans Alt Bessungen“ sind mit einem großen Wagen gekommen, wo doch Darmstadt 98 später noch ein Heimspiel hat. „Wir sind auf jeden Fall beim Kerbumzug dabei“, sagt Peter Eckel, erster Vorsitzender. Für diejenigen, die zum Spiel wollen, fährt der Laster am Ende am Stadion vorbei, das dürfte gerade so passen. Eckels Tipp zum Spiel: Die Lilien gewinnen 2:1.
Der Umzug beginnt pünktlich, vorneweg ein Polizeiwagen und der Zugleiter Rainer Leichtlein, der zuvor geschaut hat, ob alle ordnungsgemäß ihre Plätze eingenommen haben. Als Zugleiter hat er nicht nur am Tag des Umzugs mehr als genug zu tun. Zugleich aber bedauert er, dass der Kerbumzug in den letzten Jahren immer kleiner wurde und die Vereine immer dünner besetzt sind. In Hochzeiten gab es noch 1300 Anmeldungen, daher sein dringender Appell am Rande: „Liebe Eltern, schickt eure Kinder in die Vereine!“
Lichtlein ist Zugleiter im Verein Bürgeraktion Bessungen-Ludwigshöhe (BBL), der die Kerb organisiert. Der Leitspruch des Lappings auf dem Bessunger Kerbheft 2023: „Darmstadt, die Elite Hessens! Bessungen, die Elite Darmstadts!“ Für alle, die es noch nicht wissen: Lappings sind Kaninchen (französisch: lapin), die Landgraf Georg I. in den Sanddünen Bessungens ansiedelte, um den rasch steigenden Fleischbedarf der wachsenden Bevölkerung im 16. Jahrhundert zu decken – und die dann schnell zur Plage wurden. Die Plage ist längst gebannt, die Bezeichnung und das Symbol des Lapping für Bessungen sind geblieben. So verteilt die BBL von einem seiner Wagen aus haufenweise Möhrchen.
(Bettina Bergstedt)
Viele Schnäppchen beim Brunnebittfest in Bessungen
Der Flohmarkt im Darmstädter Stadtteil bietet auch Musik, Essen und Trinken. Das gefällt vielen Besuchern. Fazit des Veranstalters BBL: „Mehr kann man sich kaum wünschen.“
(Foto: Andreas Kelm)
Zahlreiche Schätze warteten am Freitag und Samstag auf Schnäppchenjäger. Auf der Bessunger Straße zwischen Heidelberger Straße und Ludwigshöhstraße sowie auf der Ostseite der Eichwiesen- und einem Teil der Forstmeisterstraße konnte flaniert, gefeilscht und der ein oder andere Euro ausgegeben werden.
Seit der ersten Feier vor 42 Jahren gehört der Flohmarkt im Herzen Bessungens zum Brunnebittfest dazu: „Er ist im Laufe der Zeit immer größer geworden.“ Siegbert Schreiner, geborener Bessunger, Gründungsmitglied der veranstaltenden Bürgeraktion Bessungen-Ludwigshöhe (BBL) und Mitinitiator des Brunnebittfests, erinnert sich anzahlreiche Veranstaltungen, die jedes Jahr in den Sommermonaten rund um den steinernen Brunnen, die Brunnebitt, gefeiert wurden. „Die Bitt war mal eine Viehtränke und ist das Wahrzeichen Bessungens“.
Etwas für den Stadtteil und seine Bürgerinnen und Bürger zu tun, sei damals die Intention gewesen, das Brunnebitt-Fest zu initieren. „Bessungen war mal selbstständig und hatte Stadtrechte – noch vor Darmstadt. Nachdem wir fusioniert hatten, suchten wir hier immer nach Möglichkeiten, Bessungen zu stärken.“ Dass daraus eine Veranstaltung dieses Ausmaßes werden würde, habe man nicht kommen sehen. „Es freut uns aber sehr.“
Am Freitagnachmittag war das Fest traditionell vom ersten Vorsitzenden der BBL, CharlyLandzettel, eröffnet worden. Diesjähriger Schirmherr war Bijan Kaffenberger. Der Flohmarkt, der ebenfalls am Nachmittag startete, sowie die Möglichkeit, den Feierabend auf dem Forstmeisterplatz auf Bierbänken zwischen Essens- und Getränkeständen zu verbringen, lockte zahlreiche Gäste an. „Von den vielen positiven Rückmeldungen und dem Andrang sind wir begeistert“, erzählten Sabine Aßmuth und Dennis Oldag aus dem BBL-Organisationsteam am zweiten Festtag. „Das Ganze ist eine Herzensangelegenheit für alle Beteiligten aus dem Verein. Umso schöner ist es, wenn die Resonanz stimmt.“ Auf dem Flohmarkt gab es auch an Tag zwei allerhand zu entdecken. Ob Kinderkleidung, sortiert nach Größen und Farben, blonde Langhaarperücke, Schaukelpferd, Hundekorb oder bemalte Holzclogs – es war für jeden Geschmack etwas dabei. Auch Kinderspielzeug, jede Menge Hausrat, Werkzeug, Bücher, CDs und Schallplatten wurden angeboten. An einem Stand spielte Musik, an einem anderen gab es hautfreundliche Tattoos für 50 Cent. „Wir machen zum ersten Mal mit“, erklärte eine Frau, deren ganze Familie in den Verkauf eingespannt war. Sie und ihre Kinder hatten den Keller geplündert, mehr zum Spaß als zum Geldverdienen. „Das, was dabei herausspringt, nehmen für den Campingurlaub.“
Immer wieder wurde an den Ständen gehandelt: „50 Euro sind mit zu viel“, meinte etwa ein Junge, der es auf einen Stapel Computerspiele abgesehen hatte. Die Verkäuferin ging auf 40 Euro runter, doch auch das war noch zu teuer. Anderswo konnte man sich schneller einigen: Ein Armreif wechselte für einen Euro den Besitzer.
Bereits um zehn Uhr herrschte reger Andrang auf der Bessunger Straße. „Dieses Jahr lohnt es sich richtig“, kam die Rückmeldung und ein Daumen hoch von einem Stand.Das Brunnebittfest konnte laut Sabine Aßmuth und Dennis Oldag nach der Corona-Pause erst 2022 wie gewohnt veranstaltet werden. „Die Leute lieben das Fest, das merkt man auch dieses Jahr wieder“, waren sich die beiden einig. Musik gab es in Form leichter Beschallung, „Live-Bands und DJs sind kostenmäßig kaum noch stemmbar, für das kommende Jahr aber wieder geplant.“
Die große Idee hinter dem Fest, wie bei allen Aktivitäten der BBL, Geld zu sammeln, um die Ludwigshöhe erhalten zu können, sei auch hier die Intention. Inwiefern das funktioniere, könne man immer erst hinterher sagen, so Aßmuth. Atmosphäre familiär, Stimmung und Wetter gut sowie knapp 200 Anmeldungen für Flohmarktstände, lautete ihr Fazit zum diesjährigen Brunnebittfest, das am Samstag um 16 Uhr endete. „Mehr kann man sich kaum wünschen.“
(Miriam Gartlgruber)